Mein Kumpel Robert fragte mich spontan und kurzfristig, ob ich mit ihm den Portugiesischen Jakobsweg laufen möchte. Mein früherers ich hätte wie immer abgelehnt, bereite ich doch gerade alles für meine Selbstständigkeit vor und darf mir dabei doch keine Pause gönnen. Doch wer ständig nur aufs Ziel fixiert ist, verliert manchmal das Wesentliche aus den Augen: leben! Ein Ausspruch von Albert Einstein sagt sinngemäß, dass, wenn du immer wieder das Gleiche tust, du auch immer wieder die gleichen Ergebnisse bekommen wirst. Und da ich jetzt gerade andere Ergebnisse möchte, darf ich auch andere Dinge tun, vor allem Dinge, die mir Freude bereiten. Denn wenn wir relaxed und glücklich sind, treffen wir bessere Entscheidungen für unser Leben, da stimmt mir bestimmt jeder zu.
So ging es am 2. Oktober, mittags um 12 Uhr, für uns im strömenden Regen mit dem Auto Richtung Flughafen, Frankfurt. Doch nicht zum Fraport, sondern zum Flughafen Frankfurt/Hahn. Von hier startete unser Billigflieger von RyanAir Richtung Porto in Portugal, der seinem Namen alle Ehre machte. Ideal, um sich schon mal auf den Pilgermodus einzuschwingen. Weniger ist mehr also! Daher suchte ich mir Zuhause den kleinsten Rucksack, den ich finden konnte und beschränkte mich auf das Nötigste. Mit ca. 3 kg Gepäck war ich sehr zufrieden. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, so wie ich einen typischen Pilger im Kopf habe, mit riesen Rucksack und hochalpinen Wanderstiefeln das ganze Unterfangen in Angriff zu nehmen. Ein wenig skeptisch bin ich schon, was mich hier erwartet, da es für mich Neuland ist und ich laufen bisher vermieden habe, weil es gefühlt zu langsam war, um voran zu kommen. Zum anderen klang Jakobsweg laufen immer sehr touristisch für mich. Doch wir werden sehen, wie es sich dann in der Realität darstellt.
Nachdem wir in Porto gegen 19:30 Uhr gelandet sind, entschieden Robert und ich uns Porto auszulassen und gleich zu starten. So ging es 7 km bis zur nächsten Pilger Herberge, oder Alberge, wie man das hier nennt. Am Ende war es ein Campingplatz mit Bungalow für uns, absolut ausreichend.





Am nächsten morgen ging es gleich nach dem Frühstück mit straffen Schritt voran. Wir überholten unzählige Pilger mit riesigen Rucksäcken. Der Weg führte spektakulär immer am Meer entlang auf wunderschönen Holzstegen. Ein tolles Ambiente mit dem Meer und der tosenden Brandung. Wir hatten bestes Wetter mit viel Sonnenschein und sehr angenehmen Temperaturen.
Nach 1,5 h machte sich schon ein kleines Zwicken im Schuh bemerkbar und so hatte ich schon die erste kleine Blase. Nachdem wir in der nächsten Apotheke waren, gab’s Blasenpflaster und es ging wieder unbeschwert weiter. Die Muskulatur machte sich auch schon leicht bemerkbar, das hatte ich schon erwartet. Bei Robert als erfahrenen Pilger gab’s keine Probleme. Er ist zum dritten Mal auf dem Jakobsweg unterwegs und hat jede Menge Erfahrung.





Nach dem Mittag ging es mit meiner Muskulatur wieder aufwärts und wir zogen weiter an unzähligen Pilgern vorbei bis wir nach 30 km dann in Aquilla uns eine Alberge suchten und den ersten Tag beendeten. Ich bin in meinem Leben noch nie so weit an einem Tag gelaufen und bin happy mit dem Ergebnis. Meine Blasenpflaster haben gute Dienste geleistet und ich konnte ohne Beschwerden gut laufen. Robert und ich besuchten abends noch den Strand, um uns den Sonnenuntergang anzuschauen. Der war allerdings semi spektakulär, da es sehr diesig war, dennoch war es ein tolles Feeling am Meer. Wenn man sich vor Augen hält, dass da erstmal eine ganze Menge Wasser kommt, ehe man den Amerikanischen Kontinent erreicht, ist das schon krass. Nach dem Strand ging es dann zum Abendessen in ein Restaurant, welches ein Pilgermenu anbietet, was mit 9€ sehr reichlich war. Eine tolle Idee, finde ich und Getränke sind inklusive.


Nach einer angenehmen Nacht ging es von Aquilla gegen 8:00 Uhr im Morgendunst weiter. Diesmal mit deutlich mehr Natur und weniger Strand. Wir zogen wieder mit gutem Tempo los und hatten gegen halb 11 schon knapp 20 km geschafft, was mich sehr erstaunte. Wir liefen dann durch viele Ortschaften und versuchten in einigen Kirchen uns einen Stempel für unsere Credential zu holen. Nur war meist keiner da und so ging es weiter bis wir in einer kleinen Kirche das Ganze selbst in die Hand nahmen. Ein Stempel war da und nach einer kleinen Bastelstunde mit Stempel auseinander bauen hatten wir den Stempel in unserem Mäppchen. Robert erklärte mir, um die Compostella (Urkunde für die erfolgreiche Absolvierung des Jakobswegs) zu bekommen, braucht man mindestens jeden Tag einen Stempel, besser sind zwei um nachweisen zu können das man auch gelaufen ist und kein Herbergen-Hopping mit dem Bus gemacht hat. Soll es anscheinend geben, doch geht es um den Weg und viel weniger um das Ziel. Das Thema kennen wir aber schon.













Nachdem wir knapp 4 h ohne Pause durchgelaufen sind, hielten wir kurz vor Viano do Castello an, um zu checken, welche Herberge wir ansteuern sollen. Mit ein wenig zähen Beinen, ging es dann an die letzten 5 km, über eine ewig lange Brücke, in die Stadt rein. Dort sahen wir schon die Pilger an einer kirchlichen Herberge anstehen. Wir nix wie hin und nach kurzer Wartezeit konnten wir uns einen begehrten Platz ergattern, da es nur begrenzte Anzahl an Betten gibt. Mit 3 älteren Französischen Damen, die viel Redebedarf haben, wird das bestimmt noch lustig.





Wir haben heute knapp 33 km absolviert und ich bin erstaunt wie gut das Laufen klappt. Ein großer Vorteil von Robert und mir ist, dass wir sehr wenig Gepäck dabei haben, im Vergleich zu anderen Pilgern, die große Wanderrucksäcke mitführen.
Nach ein wenig Ruhepause haben wir noch eingekauft und uns dann in ein Restaurant mit Pilgermenu begeben. Dort trafen wir unzählige Deutsche, was auch sonst 🙂 Wir haben dort mit 4 Abiturienten aus dem Raum Köln zusammen gesessen und hatten einen unerwartet witzigen Abend. Danach ging es für uns noch an den Hafen, wo wir den Abend ausklingen ließen.
Lieber Frank, wir wünschen Dir eine wunderschöne Zeit. Es macht mir sehr viel Freunde, Deine Berichte zu lesen. Du schaffst es damit, mich ein Stück auf Deinen Reisen mitzunehmen. Liebe Grüße von Ally und Ralf.
Und mir natürlich! 😊👍🍀
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Hallo Simone, das freut mich riesig zu hören. Das motiviert mich meine Erlebnisse zu Teilen und meinen ganz persönlichen Blick auf die Dinge zu geben.
Liebe Grüße an alle und bis bald 👋🏼
Grüße Frank
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