Auf in die Islamische Republik

Nach der Zwangspause aufgrund von Patricks Magenproblemen, sind wir am 29.7. um 5 Uhr in Kapan, Richtung Iranische Grenze aufgebrochen. Uns stand der bisher höchste Pass unserer Reise bevor, der uns bis auf ca. 2550m brachte. Die Fahrt führte uns durch ein langes Tal bis nach Kajahran. Die Steigung bis dahin war moderat, aber dennoch haben wir bis hier schon fast 1000hm überwunden. Bis zur Passhöhe hatten wir nochmals fast 750hm auf ca. 10km zu bewältigen. Auf unserem Weg hatten wir tolle Aussichten und extrem wenig Verkehr. Vom Pass ging es dann bis zur Iranischen Grenze nach Nurduz nur bergab, auf ca. 500hm. Wir haben hier direkt an der Grenze zwischen Armenien und dem Iran, im Samuel Hostel übernachtet. Hier wurden wir vom Besitzer herzlich empfangen und es ging mit seinen Kids gleich ins örtliche Schwimmbad. Wir hatten im rustikalen Pool ein grandioses Panorama und konnten uns natürlich schön abkühlen. Vom Hostel aus konnte man schon in den Iran schauen und die Grenzstation sehen.

Am nächsten Tag ging es dann wie immer um 5 Uhr raus und nach nur 1km waren wir schon an der Grenze. Zuerst wurden wir von den Armenischen Grenzbeamten abgefertigt, die teilweise von uns geweckt werden mussten, da Sie am Arbeitsplatz noch schliefen. Mit leicht verschlafenem Blick bekamen wir dann vom Grenzbeamten unsere Ausreisestempel in den Reisepass. Nun mussten wir noch ca. 500m bis zur Iranischen Grenzstation radeln. Wir wurden hier vorher bereits von einem Iranischen Polizisten ausgefragt, bevor wir dann in das Gebäude durften. Der ganze Ablauf an der Grenze hat zwar ein wenig gedauert, aber verlief ohne Probleme. Wir haben dann gleich noch unser restliches Geld umgetauscht, um liquide zu sein. Denn im Iran besteht keine Möglichkeit Geld auf der Bank abzuheben. Da der Iran vom internationalen Finanzhandel ausgeschlossen ist und wir somit alles was wir hier an Geld benötigen in Bar dabei haben müssen. Wir hatten uns hier bereits in der Türkei US Dollar besorgt und noch Euro von Zuhause dabei.

Vorab wollen wir mal eine kleine Einführung über den Iran geben. Der Iran bezeichnet sich selbst als Islamistische Republik. Dies bedeutet die Religion in diesem Falle der Islam, bestimmt die Politik und der Iran wird auch als Gottesstaat bezeichnet. Das Regierungssystem des Iran ist einzigartig in der Welt und ist mit unserer westlichen Vorstellung von Politik nicht vergleichbar. Wir wollen hier nicht alle Unterscheide aufzählen, aber jedoch einige die uns betreffen und vielleicht für Verwunderung sorgen. Es gibt eine Kleidungsordnung im Iran, den Frauen vorschreibt den Kopf zu verschleiern und lange Bekleidung zu tragen und das gilt auch für Touristen. Die Arme und Knie müssen bedeckt sein. Für Männer fällt das nicht so streng aus, jedoch sollte man hier im Alltag lange Hosen tragen, egal wie warm es ist. Als wir uns im Nachtzug nach Teheran mit kurzer Hose bewegten, wurden wir schon ein wenig schief angeschaut. Patrick wurde dann auch bei einem Halt von Zugpersonal darauf hingewiesen, bitte lange Hosen zutragen. Beim Sport ist es allerdings gestattet kurze Hosen zu tragen. In öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Metro gibt es extra Frauenabteile die von Männern nicht betreten werden dürfen.

Ebenfalls ist es politisch nicht gerne gesehen, wenn Frauen Fahrrad fahren. Allerdings ändert sich die Gesellschaft im Moment schon langsam und wir haben einige Iranische Frauen auf dem Fahrrad gesehen, natürlich voll verschleiert. Auch zeigen die Frauen langsam etwas Haar und probieren bewusst sich zu entfalten.

Das Wochenende im Iran ist am Donnerstag und Freitag. So sind dann am Freitag viele Geschäfte zu. Ein leckeres Hefeweizen ist auch tabu. Es ist es verboten Alkohol zu trinken, so das man hier auch legal nirgendwo welchen erwerben kann.

So nun aber zu unseren ersten Eindrücken vom Iran. Die Landschaft im Iran änderte sich schlagartig und es wurde alles noch ein bisschen karger und wüstenartiger als in Armenien. Wir fuhren entlang eines Flusses, dieser stellte sogleich auch die Grenze vom Iran zu Armenien und Aserbaidschan dar. Nach ca. 30km erreichten wir die erste Stadt und machten hier auch gleich Frühstück. Es waren noch sehr viele Berge im Umkreis, aber viel grün war nicht mehr zu sehen. Die Temperaturen stiegen dann gegen 9 auch schon wieder und wir hatten hier bereits 30 bis 35 °C. Wir haben uns daher entschieden im Iran den Zug Richtung Teheran zu nehmen. Uns viel diese Entscheidung nicht schwer, haben wir doch bereits in Armenien die trockene Hitze kennengelernt. Wir wollen auch so viel wie möglich mit dem Rad fahren, jedoch bei Temperaturen um die 40°C, hört der Spaß dann auf 🙂 Es ist mit Sicherheit nicht unmöglich bei diesen Temperaturen zu fahren wie einige andere Reiseradler zeigen, aber man muss es ja auch nicht mit der Brechstange versuchen. Wir fuhren bis Jolfa, von dort sollte es mit dem Zug weitergehen.

In Jolfa checkten wir in einem kleinen Hotel ein und erholten uns von der Hitze des Vormittags. Hier mussten wir uns auch mit der Währung Rial vertraut machen. Wir hatten ca. 100 € getauscht und hatten so mal schnell über 4 Millionen Rial in der Tasche. Da die vielen Nullen den Iranern zu viel sind, haben Sie sich ihre eigene Währung einfallen lassen, den Tumen. Dabei wird jeweils die letzte Null weggestrichen. Das führte im ersten Restaurant zu einer heftigen Diskussion, da die Preise in Tumen ausgeschrieben waren. Aber umgerechnet 50 Cent für ein Essen wäre dann auch einfach zu günstig gewesen.

Wir haben uns im Bahnhof in Jolfa gleich nach dem Zug nach Täbris erkundigt und Tickets geordert. Der Zug fuhr am nächsten Tag gegen 18.00 Uhr los und wir wurden als Ausländische Gäste wie VIPs behandelt und durften mit unseren Bikes als erste in den Zug einsteigen und später mussten wir uns noch zum Zugpersonal im separaten Wagen setzen und wurden hier ausgefragt. Zugfahren ist im Iran sehr günstig. Wir haben für die 350km lange Fahrt bis nach Täbris ca. 3€ pro Person bezahlt. Die Züge sind meist ausrangierte Züge aus Europa, die schon einige Dienstjahre hinter sich haben. So sind wir dann gegen 9 Uhr Abends in Täbris angekommen. Wir hatten uns hier vorab mit Hassan verabredet der uns auf einem Pass in Armenien eingeladen hat. Während wir warteten, wurden wir ziemlich schnell von vielen Iranern umzingelt, die natürlich alles über uns und unsere Reise wissen wollten. Wir mussten für unzählige Selfies herhalten. Viele Iraner sind gut gebildet und sprechen daher sehr gut Englisch und so klappt die Verständigung super. Von der Landessprache Farsi, fehlt uns in Wort und Schrift jegliche Kenntnis.

Nach dem wir Hassan empfangen haben und er uns die Lage seiner Wohnung erklärt hat, ging es am späten Abend durch den Verkehr von Täbris. Wir wurden ja schon gewarnt das der Verkehr wild ist und daran ist absolut nichts auszusetzen. Hier gibt es gefühlt keine Regeln und der der am meisten hupt hat Vorfahrt. Aber Täbris sollte nur ein Vorgeschmack auf Teheran werden. Ein Iraner könnte mit der hier an den Tag gelegten Fahrweise und den Verstößen, innerhalb einer Stunde seinen Führerschein bei uns abgeben. Nachdem wir dann lebend bei Hassan angekommen sind, durften wir in der luxuriösen Wohnstube Platz nehmen und wurden rund um versorgt. Mit Wein (soviel zum Alkoholverbot im Iran), Süßigkeiten sowie Knabbereien und natürlich Tee. Wir haben hier gleich die ganze Familie von Hassan sowie die Familie von seinem Nachbarn Hosein kennengelernt. Nach kurzem Smalltalk ging es dann gegen 23Uhr mit zwei Autos ins naheliegende Fastfood Restaurant. Hier wurde Abendbrot gegessen und wir wurden natürlich eingeladen. Der Tagesablauf bei den Iranern ist schon etwas anders und hier findet alles ein wenig später statt. Gegen 2 Uhr nachts durften wir dann endlich zusammen mit Hassan auf dem Teppich in der Wohnstube schlafen legen.

Hassan erzählte uns das er mehrere Firmen in Täbris besitzt und wir diese am nächsten Tag besichtigen werden. So starteten wir gegen 9 Uhr am nächsten Morgen zu Hassans Firma, in der Schweißgeräte und Kompressoren hergestellt werden. Dort wurde ausgiebig gefrühstückt und wir besichtigten noch zwei Firmen von Hassan, in denen Stahlblech vertrieben wird. Nachdem Frühstück holte uns Hassans Freund und Nachbar Hosein ab. Wir fuhren mit ihm ca. 40 km zu seiner Plantage. Er hat eine riesige Villa mit einer ca. 5ha großen Obstplantage, die von ca. 20 Angestellten bewirtschaftet wird. Dort gab es eine ausgiebige Führung, frisches Obst und Mittag. Anschließend wurde nach dem harten Tag Mittagsschlaf gemacht. Obwohl Hassan kaum Englisch sprach und wir ihn erst am Vorabend kennengelernt haben, zeigte er uns alles und schenkte uns sein Vertrauen. Was auch beeindruckend ist, das man einen ganzen Arbeitstag aufbringt, um uns als Gäste zu bewirten und uns alles zeigt.

Am Abend ging es zurück Richtung Täbris mit einem Abstecher nach Kandovan. Kandovan ist ein Felsendorf bei dem die Häuser in den Fels gegraben wurden. Das Dorf hat für die Gegend große historische Bedeutung und diente im Lauf der Zeit als Zufluchtsort. Es war sehr interessant das verwinkelte Dorf mit den verschieden Wohnungen zu erkunden

Zurück in Täbris, erwartete uns Hassan mit Familie und es ging in einen Park. Erst ging es typisch iranisch Essen und anschließend am See flanieren. Hier war gefühlt halb Täbris mit seinen über 2,5 Millionen Einwohnern unterwegs.

Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von Hassan und fuhren Richtung Bahnhof. Unser Zug nach Teheran sollte erst am Abend gehen. Aber wir mussten unsere Räder separat in einem Güterzug verladen. Das wollten wir dann doch persönlich verfolgen. Dieser sollte auch erst 6 Stunden nach unserer Ankunft in Teheran sein. So hatten wir noch fast den ganzen Tag Zeit, um ein wenig Sightseeing in Täbris zu machen.

Unser Zug nach Teheran fuhr gegen 17.30 Uhr los und sollte planmäßig am nächsten morgen gegen 6 Uhr in Teheran ankommen. Da stand uns also eine 12 stündige Zugfahrt im Schlafwagen bevor. Die Hitze war selbst im Zug mit ein wenig Klimatisierung noch spürbar und wir schmolzen so ganz langsam dahin. Anfangs waren wir noch euphorisch, das wir in unserem 6er Abteil alleine sind. Nachdem Halt am ersten Bahnhof, waren wir dann zu 6, da kam Freude in den 5m² auf. Später wurden dann noch ein paar Leute auf nicht besetzte Abteile verteilt, sodass wir dann am Ende doch nur zu dritt waren. Die Fahrt im Zug war rustikal und heiß, aber dennoch konnten wir in unseren schmalen Bettchen ein wenig schlafen. Gegen halb 6 am Morgen sind wir in Teheran eingelaufen und waren doch ein wenig zerknittert. Es war bereits am frühen Morgen über 30°C in Teheran und zusammen mit dem Smog der Stadt, ein absoluter Genuss. Im nächsten Blogbeitrag erfahrt ihr dann was wir in Teheran so alles angestellt haben.

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