Hoch, höher Pik Lenin

Nach dem ich bei Shamurat die Ruhe und Abgeschiedenheit in seiner Mountain lodge genießen konnte ging es nach zwei Tagen weiter Richtung Sary Moghol und Pik Lenin. Kurz nach Sary Tash zweigt die Straße nach Links ab führt zum Grenzübergang nach Tadschikistan über den Kyzyl Art Pass auf über 4000m. Das wäre die Straße gewesen von dem man über den Pamir Highway von Tadschikistan nach Kirgisistan kommt. Da hier allerdings die Grenze geschlossen ist und ebenso der Grenzübergang nach China der ca. 70km entfernt ist war in Sary Tash an Touristen niemand anzutreffen. Da der Ort ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für einheimische und Reisende ist.

Es sind rund 40km bis nach Sary Moghol die ich sehr entspannt angegangen bin. Ich genoß den permanenten Blick auf die Alai Bergekette und Pik Lenin. Es ist wirklich atemberaubend diesen einmaligen Blick über diese weite Hochebene auf die schneebedeckten Gipfeln zu haben. Die Straße verläuft relativ eben auf der Hochebene entlang und windet sich an kleineren Bergen entlang immer den Blick links auf die schneebedeckten Berge. Ich denke die Bilder sprechen für sich doch merke ich selbst beim betrachten der Bilder in echt haben diese Riesen Berge die ja im Bereich der 7000m liegen eine viel imposantere Wirkung.

Auf der Straße nach Sary Moghol war sehr wenig Verkehr und ab und standen ein paar Jurten wo die Menschen hier auf knapp 3000m Landwirtschaft und Viehzucht betreiben. Hier sind große Herden von Kühen, Pferden und Lautstarken Eseln unterwegs. Spannend zu sehen auf welche Art und Weise diese Menschen ihr Leben bestreiten. Häufig schon seit Generationen an der gleichen Stelle mit den fast gleichen Mitteln. Ein Leben was für uns zuhause denke ich nicht vorstellbar wäre. Doch das ist nur meine Sicht, möglicherweise wäre das Leben was wir in Deutschland führen für diese Menschen genauso nicht vorstellbar. Die ja so in Einklang mit Natur und ihren Tieren leben. Denn wer hat das Recht zu entscheiden was gut und schlecht ist. Das kann nur jeder für dich selbst. Doch tun meiner Meinung nach in Deutschland viele genau das Gegenteil. Sie wollen anderen Sagen was richtig und falsch ist weil man das eben so macht und sie es ja angeblich besser wissen. Ist das nicht sehr vermessen sich über andere zu stellen und ungefragt Kritik an ihnen zu üben nur weil das Konzept nicht in ihr Weltbild passt. Es gibt Millionen von Wegen Leben zu bestreiten doch trauen sich viele nicht ihre ganz eigene Geschichte zu Schreiben. Ich bin dafür angetreten meine ganz eigene Geschichte zu Schreiben und dich lieber Leser möchte ich ebenfalls dazu ermutigen. Denn eine Sache im Leben ist 100% sicher das wir irgendwann Sterben werden. Alles dazwischen liegt in unserer Hand. Macht was drauß !

So nun aber weiter im Text. Angekommen in Sary Moghol kam ich im Lenin Peak Guesthouse unter welches mit Shamurat von Pamir Extreme empfohlen hat. Hier schien ich das erste mal wieder auf Reisende und Reiseradler zu treffen. Doch erstmal bezog ich mein Zimmer und packte meine Taschen vom Rad. Ich nahm alle nötigen Sachen mit und machte mich auf den Weg Richtung Pik Lenin und Tulpar Lake in der nähe des Base Camp. Vom Ort sah man den Schotterstraße die über die sanfte Graslandschaft dort hin führte. Vom ersten schauen sah es gefühlt nach 5km oder maximal 10km aus. Aber bei diesen weiten hier mussten es natürlich mehr sein. In der tat es waren knapp 25km und knapp 550hm bis hin. Ich also losgeradelt und dachte dabei noch an so schöne Schotterwege bei uns im Thüringer Wald. Doch was mich hier erwarte war wirklich nicht schön und hat mir einiges abgefordert ehrlich gesagt. Es waren verschiedene Spuren und Wege überzogen von großen Schottersteinen und durch die vielen Autos eingefahrenen Waschbrett Rillen. Ich war ja froh mich entschieden zu haben eine Federgabel zu verbauen doch war das geschuckel alles andere als angenehm für mich. Und diese 25km zogen sich über diese weite Landschaft ewig hin. Ich dachte teilweise das ich gefühlt nicht voran gekommen bin. Der positive Aspekt dabei war immer einen grandiosen Blick direkt auf den Pik Lenin zu haben. Beim rauffahren kam mir noch ein Radler Pärchen entgegen mit denen ich mich kurz austauschte. Enrice aus Spanien und Merede aus Norwegen bereisen Kirgisistan zum zweiten mal. Wir tauschten uns ein wenig aus und da wir im gleichen Guesthouse sind verabredeten wir uns zum Abendessen. Dann ging meine wilde Schotterfahrt weiter. Zum Ende wurde der Weg ein wenig besser und steiler. Ging es doch am Ende jetzt wieder bis auf 3500m hoch. Die Höhe machte mir zu schaffen und ich war echt platt als ich am Tulpar Lake angekommen bin.

Ich entschied mich dann nicht weiter zu fahren und am Tulpar Lake mit großem Jurtcamp zu bleiben. Wie sich rausstellte bräuchte ich noch ein permit für das Base Camp was ich eh nicht hatte. Der Ausblick auf diesen Pik Lenin mit seinen 7134m ist gigantisch und gewaltig. Und ja, es war es Wert mich den Weg dafür hochzukämpfen. Ich verweilte eine ganze Stunde dort oben genoß die unglaublichen Blick. Interessanterweise fand ich heraus das der Pik Lenin 1928 von einer Deutschen Expedition erst bestiegen wurde und einen damaligen weltweiten Höhenrekord darstellte. Mir kamen dabei die Gedanken mit welch primitiver Ausrüstung das damals vor fast 100 Jahren wohl geschehen sein mag und im Vergleich mit was für Outdoor Equipment wir heute unterwegs sind. Wo ein Wille da ein Weg.

Nach dem ich die ganze Szenerie aufgesogen hatte begab ich mich auf den Rückweg, der sollte doch jetzt angenehmer werden geht ja nur bergab dachte ich mir. Der Anfang ging gut steil nach unten und es ging zügig voran. Dann wurde es flacher und das fahren war trotz das es bergab ging schlimmer als rauf. Die Steine und die Waschbretter plus der aufkommende Gegenwind gaben sich die Klinke in die Hand mir die Abfahrt so richtig zu versüßen. Ich hatte wirklich ein paar Momente wo ich absolut keine Lust mehr hatten und dachte über schieben nach. Irgendwann habe ich es dann endlich wieder nach Sary Moghol erreicht, sehr geschafft aber happy endlich da zu sein. Ein zweites mal werde ich da wohl nicht noch mal mit dem Rad hinfahren.

Dabei musste ich an das Silk Road Mountain Race denken was seit ein paar Jahren in Kirgisistan stattfindet. Mit knapp 2000km und über 35.000hm in 12 – 13 Tagen eines der härtesten Mountainbike Rennen der Welt. Die Jungs dort fahren nur auf solchen Weg durch Kirgisistan über Pässe von bis zu 4200m. Ich hatte mich dort auch angemeldet aber dann recht schnell gemerkt das ist zu krass für mich und entsprach nicht der Vorstellung die ich von meiner Tour hatte. Da mein Fokus mehr auf genießen liegt war das definitiv die richtige Entscheidung. Es gibt einen wunderschönen Film über das Rennen welcher eindrucksvoll zeigt wie hart es dort zugeht. Hier der Link zum Video https://youtu.be/UVwjQ_l38L.

Für mich stand dann Abends ein wenig Erfahrungsaustausch mit den Radfahrer Pärchen und anderen Gästen auf dem Programm. Es war schön mal wieder sich auszutauschen. Und hier zeigt sich wieder unterschiedlich Reisen sein kann. Manche hatten einen exakten Zeitplan wo und wann sie alles besichtigen mit gebuchten Unterkünften und Guides gefühlt ohne Spielraum für Spontanität. Und dann mich der dann eben mal einfach losfährt und guckt bis wohin er kommt und noch nicht exakt weiß wo er am Abend schlafen wird. Doch das soll keine Wertung sein jeder darf hier seinen Weg gehen. Ich werde vermutlich nur einen Teil von Kirgisistan sehen doch das ist vollkommen okay für mich, mein Ziel ist es ja abzuschalten und mehr in meine Mitte zu kommen. Ich kann anderseits auch die Leute verstehen die begrenzte Zeit haben und alles sehen wollen.

Nach dem ich noch einen Pausentag in Sary Moghol eingelegt habe machte ich mich auf den Weg zurück Richtung Osh von wo ich gekommen bin. Da ich nicht komplett den gleichen Weg fahren wollte fuhr einen ich einen Abschnitt des Silk Road Mountain Races aus diesem Jahr der mir sogar noch ein paar Kilometer sparen sollte, dennoch keine Zeit. Das wusste ich aber vorher noch nicht. Ich fuhr von Sary Moghol ca. 8km Straße bevor es dann links auf Schotterwegen durch ein kleines Dorf durch ein Tal Richtung Osh ging. Kurz nach dem Ort kam schon der erste Kirgise auf einem Pferd mir entgegen und platzierte sich vor mir als wollte er mich nicht passieren lassen. Nach kurzem smalltalk wünschte er mir alles gute und ich konnte weiter auf dem Schotterweg dahin poltern. Da kam auch schon die erste Wasserdurchfahrt von der noch ca. 10 folgen sollten. Der Weg führte immer entlang des Tals einen Fluss hinauf vorbei an vielen Jurten und Bauern die hier ihre Tiere auf den Weiden haben. Die Menschen haben hier so wie ich es wahrgenommen habe keinen Strom höchstens ein Solar Panel an der Jurte und kein Handy Empfang. Interessant was diesen Menschen dadurch so alles verbogen bleibt. Für viele ist ja die täglicher Medialer Bericht Erstattung und Angstmacherei schon wie eine Droge womit Sie ihren von Kindesbeinen an gelernten Stress und Angst Pegel füttern und in Schockstarre gehalten werden. Weil die Welt da draußen ja so schrecklich ist. Deswegen mein Appell, geht raus in Welt und macht euch selbst ein Bild und ihr werdet überrascht sein wie es wirklich aussieht.

Nach dem ich weiter das Tal hinauf gefahren bin kamen immer mehr Jurten und Bauern zum Vorschein die mir wie freundlich zuwinkten und mir essen schenken wollten. Doch ich erklärte immer das ich nix brauche und alles dabei habe. Vorallem die Kids flippen immer förmlich aus und winken und rufen „hello“ oder „bye bye“. Durch das Tal ging es konstant bergauf anfangs recht moderat zum Ende hin wurde es aber deutlich steiler. Es folgten mehr mehr Flussdurchfahrten bei der meine Füße dann nicht mehr trocken blieben. Der Weg wechselte von Schotterweg zu Wiese, grober Schotter mit großen Steinen oder teilweise gar kein Weg immer hin und her. Zum Schluss gab es noch mal einige steile Anstiege zu überwinden um dann endlich oben auf dem Taldyk Pass auf 3615m wieder anzukommen. Das war eine willkommene Abwechslung doch solche Wege wie beim Silk Road Mountain Race über knapp 2000km und 14 Tage zu fahren ist denke ich sehr herausfordernd, wirklich Hut ab davor. Für mich standen jetzt knapp 80km Abfahrt mit 2000hm runter auf dem Programm. Ich freute mich sehr darauf und die ersten Meter den pass hinunter liefen auch erste Sahne. Doch dann trat wieder extremer Gegenwind auf der mir die Abfahrt bis Gulcha zur Höhle machte. Ich war teilweise beim runterfahren langsamer als beim rauffahren. Es ist sehr frustrierend wenn man sieht das es bergab geht und man treten muss das man voran kommt. Ich habe dazu ein wenig recherchiert da ich das ja fast immer hatte wenn ich ein Tal hinunter gefahren bin. Und habe dazu die Erklärung gefunden das es Tal und Bergwind gibt. Durch das aufheizen des Bodens am Morgen wird Boden nahe Luft erwärmt und steigt nach oben das Tal hinauf. Durch die starke Sonnenstrahlung wird dieser Effekt natürlich verstärkt und es entsteht starker Wind. Übrigens nachts kehrt sich das ganze um. So wäre es ratsam die Abfahrt recht zeitig am morgen oder nachts zu absolvieren. Ich schaffte es nach 126km endlich ziemlich fertig in Gulcha anzukommen und traf im dortigen Hostel das Spanische Pärchen aus Sary Moghol wieder die mir das ganze bestätigen. Sie fuhren einen Teil der Talabfahrt am frühen Vormittag und berichteten mir das sie kaum Wind hatten. Wieder was gelernt.

Ich habe jetzt noch knapp 1,5 Wochen hier in Kirgisistan. Und bin gerade am schauen wohin es jetzt noch geht. Da die Zeit ein wenig knapp wird versuche ich eventuell mit einem Taxi oder Lkw Richtung Bishkek oder Naryn zu kommen, da ich den nordöstlichen Teil von Kirgisistan noch erkunden will. Wie das so alles funktioniert hat, ich hab selbst noch keinen Plan erfahrt ihr dann im nächsten Beitrag.

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